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Rezension: #Bunte –Republik Deutschland- #Prestel

Der Prestel-Verlag hat anlässlich des 70 jährigen Jubiläums der Zeitschrift "Bunte" den vorliegenden Bildband auf den Weg gebracht. #Patricia_Riekel, die derzeitige Chefredakteurin  und Herausgeberin der Bunten, schreibt, dass diese Zeitschrift seit nunmehr 70 Jahren die Informationsbörse für alle sei, die am gesellschaftlichen Leben Interesse haben. Für Riekel sind Neugierde, der Wunsch nach Anerkennung, auch Neid und Voyeurismus die wichtigsten Triebfedern menschlichen Verhaltens. 

Die "Bunte" wird von ihr als "Kunst, Geschichten zu erzählen"  definiert und das Blatt als Wegweiser durch das Dickicht der sozialen Regeln begriffen. Es sind, wie Riekel weiß, menschliche Tragödien und Abgründe von Superstars, die ihr Publikum weitaus mehr interessieren als glatte Lebensläufe. Dabei gehöre zur Grundmelodie der Bunte-Berichterstattung, das Triviale mit dem Relevanten und Erhabenen zu verbinden.  Da die  sozialen Medien zur Konkurrenz der Bunten geworden seien, habe diese sich verändern müssen. Jetzt genüge die Geschichte hinter der Geschichte nicht mehr. Nun seien mehr Fakten, mehr Einordnung notwendig. In den vergangenen Jahren hätten die wichtigsten Politiker der Bunten Interviews gegeben. Das ist natürlich beachtlich. 

Aus rund 3500 Bunte-Ausgaben und Millionen von Namen in den letzten 70 Jahren eine Auswahl zu treffen, war gewiss nicht einfach. Die Macher des Buches haben sich entschieden, die Bunte-Story in sieben Jahrzehnte zu untergliedern und diese dann jeweils in die Rubriken: Leute, Adel, Politik, Helden, Unterhaltung, Schicksal, Zeitgeist und Gesellschaft. 

Den bildreichen und  dabei keineswegs textarmen Kapiteln ist die Bunte- Story vorgeschaltet. Diese erzählt #Dr_Hubert_Burda im Rahmen eines Interviews. Nicht nur über den Beginn des Unternehmens, auch über die Zeit, wo er einst Chefredakteur wurde,  erfährt man Wissenswertes. Dann liest man wie die #BUNTE sich zum People-Magazin entwickelte und welchen Einfluss Andy Warhol auf das Blatt hatte. Dr. Burda traf sich mit Andy Warhol damals häufiger. Hier entstand sein neues Credo: "Media is art."

Man liest im Interview auch wie die digitale Revolution sich auf die Bunte auswirkt hat. Hier erfährt man wie die Wechselwirkung zwischen Print und Online funktioniert und weshalb Geschichten sich nun weitaus rascher ausbreiten. Noch ist die BUNTE das führende People-Magazin in Europa und repräsentiert als solches die europäische Gesellschaft.  Das glaube ich gerne.

Texte und Fotos aus den 1950er Jahren und kurze Erläuterungen dazu, stehen am Anfang. Eine Reihe berühmter Schauspieler und Schauspielerinnen, die schon lange unter der Erde liegen, kann man bewundern, teilweise noch in Schwarz-Weiß und kann  zudem nacherleben, was Spießigkeit in jenen Tagen hieß. Titelbildschönheiten von damals kennt heute keiner mehr. So vergänglich sind Gesichter. Spannend dann von Soraya zu lesen und die oberspießige Diktion  dazu zur Kenntnis zu nehmen, die an Durchhaltefilme aus der NS-Zeit erinnern. Der Begriff "Heimat" verbreitete damals offenbar noch keine Kopfkrisen. 

Dann erfährt man etwas vom Liebesdrama Prinzessin Margrets, kann sehr schöne Bilder von Grace Kelly bestaunen und erfährt, dass sie damals der neue Typ auf der Kinoleinwand war. Hochzeiten aus Adelskreisen waren offenbar sehr gefragt. Weit interessanter allerdings ist der Zeitgeist in den einzelnen Jahrzehnten, so etwa die Möbel, das Bestreben nach einer besseren Figur und manch anderes mehr. Schlagzeilen kann man nachlesen, sich auch rasch in die die 1960er Jahre durchblättern und sich darüber im Klaren werden, wie Schönheitsideale geprägt werden und Einstellungen zur Gesellschaft entstehen.

Die Mondlandung war wohl ein wirklich großes Ereignis, damals im Juli 1969. Doch der Klatsch um Jackie scheint die Leser der Bunten mehr interessiert zu haben. Während ich die Bilder betrachte und lese, versuche ich zu analysieren, wo mein Blick länger haften bleibt, was mich besonders anspricht. Es sind nicht die Adelsgeschichten, eher die Rubrik "Leute". Romy Schneider, auch Curd Jürgens und schließlich Gunter Sachs in den 1970er Jahre waren solche Leute, die faszinierten. 

Die Texte  in den 1970ern werden übrigens besser, der Kitsch der 1950er Jahre ist jetzt endlich weggebröselt. Dennoch, interessant ist, auf welche Weise politische Themen damals  in der Bunten abgehandelt wurden, so etwa das Ende der Ära Brandt. 

Als Helden in den 1980er Jahre werden u.a. #Boris_Becker und #Steffie_Graf und auch #Reinhold_Messner gefeiert. #Nena ist noch jung und Petra Kelly lebt noch. Sie war übrigens eine sehr schöne Frau. 

Irgendwann dann sieht man  erneut ein Foto von Romy Schneider und wird daran erinnert, dass sie nur 43 Jahre alt wurde. Getitelt wurde "Im Morgengrauen brach ihr Herz". Das klingt nach deutschem Schlager und nicht angemessen für diese Schauspielerin, so die Empfindung von heute. 

Alles, was dann kommt, ist in noch guter Erinnerung, wenn man regelmäßig den Friseur besucht hat. Die Bilder werden schöner, die Menschen leider nicht immer. Dann erlebt man Gerhard Schroeder, damals 53 Jahre alt. Der geschilderte Fall hat sich längst wiederholt. Hillu Schröder hat ihn ganz gut skizziert. Sie ist eben eine intelligente Frau. Damals nannte man sie rachsüchtig, aus heutiger Sicht würde man sie eher analytisch nennen. 

Seite für Seite sieht man wie Menschen den Zeitgeist verändern und dieser wiederum auf die Menschen wirkt. 

Gibt es ein Bild, das  mir besonders gefällt? Ja. Ein Foto, dass #Papst_Franziskus mit der Bunte- Herausgeberin Patrica Riekel und der Bunte-Reporterin Tanja May zeigt.  Sehr sympatisch.

Insgesamt ist dies ein  gelungenes Buch über die Vergänglichkeit all dessen, was Menschen eitel werden lässt und als solches ein Zeitdokument der besonderen Art, nämlich  der Media-Art.

Sehr empfehlenswert.

Helga König

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BUNTE Republik Deutschland

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